Stephen Lungu

Video
https://www.youtube.com/watch?v=F6XsxY6d8W4


aus dem Buch:

"Der aus  dem Schatten trat"


So fragte ich den Prediger: Kann dein Jesus einen solchen Menschen wie mich retten?

Ja“, antworte er, „Jesus starb für dich. Gott liebt dich.“

Gott liebt mich! Warum brachte er jetzt Gott ins Spiel? Was hatte Gott jemals für mich getan? Er hat mich fast verhungern lassen. Ich war auf Gott böse. Und deshalb antwortete ich auch

sehr direkt: ,,Prediger, du sagst mir, dass Gott mich liebt. Dafür bringe ich dich um“.  

Ich griff nach meinem Messer. ,,Von Gott will ich nichts hören, aber du sollst mir von Jesus erzählen“.

Der Prediger sah mich von oben bis unten ganz ernst an. Mein Beutel mit Benzinbomben muss ihm dabei aufgefallen sein. Dann sagte er wieder ganz ruhig, „Junger Mann, jetzt sagst du mir erst mal etwas über dich und warum du diesen Jesus haben willst".


Ich fing an, ihm von mir zu erzählen. Zunächst kamen die Worte bruchstückhaft über meine Lippen. Dann erzählte ich ihm aber meine ganze Geschichte.  Alle schmerzlichen Erfahrungen und Verletzungen klagte ich ihm.

Zum ersten Mal interessierte sich jemand für mich und wollte ewas über mich hören.

Ich berichtete ihm von meiner unglücklichen Kindheit in meiner Familie. Mein Vater hatte mich gehasst und verstoßen. Die

Ehe meiner Eltern war auseinander gebrochen. Meine Mutter hatte mich als kleines Kind ausgesetzt. Beim Erzählen durchlebte ich

noch einmal die ganze Angst und Verzweiflung.

Zu meinem großen Erstaunen weinte der Pastor mit mir. Darüber wunderte ich mich sehr. Die Tränen liefen ihm immer noch über

Wangen, als ich ihm berichtete, wie ich nachts unter der Brücke schlief, jeden Tag in den stinkenden Abfalltonnen nach Lebensmitteln suchte, "Mitglied“ in einer Bande wurde und unter großer Angst litt.

Er schaute mich an, wie ich es bisher nicht gewohnt war. Mitleid war in seinem Blick. Das brachte mein Herz zum Schmelzen.

Bisher hatte es keinen Menschen gegeben, dem etwas an mir gelegen war. Dass dieser Fremde über mein Elend weinen konnte, war so, als wenn die Liebe Christi mich bescheinen würde.


Als ich ihm meine ganze Geschichte erzählt hatte, sagte er zu mir:

,Junger Mann, jetzt will ich dir eine Geschichte erzählen. Vor vielen Jahren war da ein l4-jähriges Mädchen, das schwanger wurde. Man fragte sie, wer der Kindsvater sei und sie zeigte auf einen jungen Mann. Aber er lehnte es ab, die Verantwortung zu übernehmen. Er wollte das Kind nicht. Zwei Wochen spater wickelte

sie ihr Baby in ein Handtuch, verbarg es in

einer Toilette und lief  davon. Eine Frau, die in

der Nähe war, hörte ein leises Wimmern.  Sie

forschte nach der Ursache und fand das Baby,

das schon fast in  der Toilettenschüssel

ertrunken war. sie brachte es ganz schnell in  

ein Krankenhaus, und das Kind überlebte.

Junger Mann, das Kind war ich. Meine Mutter

habe ich nie  wieder gesehen. Ich weiß auch gar nicht, wer sie ist. Auch meinen  Vater kenne ich nicht. Es ging mir wie dir. Beide haben mich

nicht gewollt."


Tief erstaunt schaute ich ihn an. Das durfte doch nicht wahr  sein. Dieser Mann machte doch den Eindruck, dass er geliebt  würde und dass er sich geborgen fühlte. Wie war das  möglich?  Der Prediger schlug seine Bibel auf. ,,Ich möchte dir etwas vorlesen", sagte er, ,,das für Leute wie dich und mich bestimmt ist. Es ist eine Zusage Gottes und seines Sohnes Jesus Christus für uns. In Psalm 27, 10 lesen wir: Wenn Vater und Mutter mich verstoßen, nimmst du, Herr mich doch auf.  Diese Worte bewegten mich. Der Herr will mich aufnehmen.  Hier lag das Geheimnis dieses Mannes. Er war geliebt worden,  denn der Herr hatte ihn aufgenommen.  ,,Siehst du", fuhr er fort, ,,Gott und Jesus sind dasselbe. Jesus ist  Gottes Sohn. Jesus war der Gott, der auf die Erde gekommen ist.  Gott hat versprochen: Wenn dein Vater und deine Mutter dich  verlassen, dann wird der Herr dich aufnehmen. Die Leute, die  mich adoptierten, gaben mir den Namen Mohaneo, das bedeutet  der Verstoßene. So fühlte ich mich auch meine ganze Kindheit  hindurch. Ich war von allen verstoßen, besonders von meiner  Mutter. Als ich aber im Jahre 1947 Jesus fand, gaben mir die  Missionare einen neuen Namen. Ich sollte Sadrach heißen. Das  war ein Mann im Alten Tesramenr, den Gott aus großer Not errettet hat, als alle ihn verlassen hatten. und ich habe erfahren,  dass Jesus mich nicht verstoßen hat. Der Herr hat mich aufgenommen."  Dieser Vers wurde zum Wendepunkt in meinem Leben. Zum  ersten Mal spürte ich, dass es wirklich eine Liebe Gottes gab und  dass sie auch meinem Leben Sinn geben konnte. Dieser Glaube  war stark genug, mir bei allen schmerzvollen Erfahrungen meines  Lebens einen Ausweg zu zeigen Es wurde ernst genommen, dass  ich tatsächlich ein Verstoßener war und in großem Elend gelebt  hatte. Doch jetzt sagte Gott zu mir: Aber ich bin hier und will dich  aufnehmen. Ich liebe dich.

Zum ersten Mal in meinem Leben kniete ich nieder, um zu Gott zu beten. Ich wusste noch nicht, wie ich es ausdrücken sollte,aber ich spürte, dass Gott mich liebte und auf mich wartete.
,,Gott", rief ich, ,,ich habe nichts, ich bin nichts, ich kann nicht lesen und nicht schreiben." Wenn ich an meinen ganzen Jammer dachte, verschlug es mir die Sprache. ,,Meine Eltern wollen mich nicht. Nimm mich auf, o Gott, nimm mich auf ! Ich bereue all das Böse, das ich getan habe, Jesus, vergib mir und nimm mich jetzt an.


Sofort spürte ich, wie eine schwere Last von mir abfiel. Ein Gefühl der Erleichterung und des Friedens kam über mich. Freude durchströmte mich. Ich war ein ausgestoßenes Kind unter Millionen von Afrikanern, aber Jesus hatte mich gefunden. Mein Gespräch mit Sadrach hatte mich so in Beschlag genommen,dass ich die Vorgänge draußen vor dem Zelt fast vergessen hätte. Als ich jetzt aufhörte zu weinen, wurde mir bewusst, welches Durcheinander und welche Unruhe am Zelteingang herrschten. Sadrach Maloka und ich wandten uns um und sahen, dass sich jetzt die Lage allmählich etwas beruhigte. Wir konnten es wagen, das Zelt zu verlassen. Einige seiner Helfer schauten angespannt zu ihm herüber und wollten ihm etwas mitteilen. Ich wusste, dass ich jetzt lieber gehen sollte.

Ich muss jetzt gehen", sagte ich. ,,Da sind noch viele andere Leute, die Sie dringend brauchen."
Mit seinen dunklen Augen warf er mir einen dankbaren Blick zu: ,,Aber ich mache mir Sorgen, dass du mit den Rebellen oder mit dem Einsatzkommando der Polizei zu tun bekommst." Dabei fiel sein Blick auf den Beutel mit Benzinbomben. ,,Ich begleite dich noch bis an die Grenze dieses Geländes, damit du unbehelligt weitergehen kannst."
,,Nein, das ist sehr lieb von Ihnen, aber die Mitarbeiter der Mission brauchen Sie jetzt. Ich werde schon durchkommen. Und außerdem bin ich auch bereit zu sterben."
Ich fühlte mich innerlich so stark, dass ich jeden Augenblick bereit gewesen wäre, dem Tod ins Auge zu sehen. Ich wäre Gott lieber früher als später begegnet.Sadrach Maloka legte seinen Arm um meine Schultern. ,Ja",bestätigte er, ,,du bist bereit zu sterben, aber zum ersten Mal bist du auch bereit zu leben. Gott segne dich!" Damit wandte er sich wieder seinen Mitarbeitern der Dorothea-Mission zu.
Ich wagte es nicht, meinen Beutel mit Benzinbomben liegen zu lassen, und nahm ihn wieder in die Hand. Dann verließ ich eilig das Zelt und ging hinaus in die Nacht mit all ihren Gefahren.
Mir bot sich kein schöner Anblick. Überall sah man Menschen,die laut schrien und hin und her liefen. Einsatzwagen der Polizei rasten über die Straßen und erhellten mit ihren Scheinwerfern die Dunkelheit. In ihrem Licht sah man die mächtigen Gestalten der Polizisten, die bemüht waren, jede kleine Menschengruppe aufzulösen.Sie wollten in diesem Gewühl von Unheil und Gewalt wieder Ordnung schaffen. Ich blieb einen Moment stehen, um die Orientierung zu finden.Wo war meine Bande geblieben? Ich stolperte umher und rief leise ihren Namen. Ich wollte die Aufmerksamkeit aber nicht auf mich lenken. Einige hundert Meter vom Zelt entfernt, stolperte ich über eine Gestalt, die im Gras lag. Der Kopf war nach hinten gewendet und die Augen weit aufgerissen. Ich kannte diesen jungen Mann. Er gehörte zu meiner Bande.

 

 


 

 

 
E-Mail
Anruf
Karte
Infos