DER GEISTLICH BLINDE
“Denn ich habe Wohlgefallen am Gesetz Gottes nach dem inneren Menschen;
aber ich sehe ein anderes Gesetz
in meinen Gliedern,
das dem Gesetz meines Sinnes
widerstreitet
und mich in Gefangenschaft bringt unter
das Gesetz der Sünde,
das in meinen Gliedern ist. "
(Nach der Elberfelder Bibelübersetzung)
Als der Apostel Paulus diesen Brief schrieb, war er schon viele Jahre Kind Gottes. Darum ist auch Römer 7 aus dieser Position heraus zu sehen. Wenn wir den Vers 22 beginnen zu lesen, so meinen wir, der Apostel sei ein Eiferer für das Gesetz gewesen. Dem aber ist nicht so. Vielmehr bestätigt er im gleichen Kapitel, daß dieses Gesetz: heilig, gerecht und gut ist (Rom. 7,12). Im nächsten Vers 28 Römer 7,22-23 bezeugt er, daß es allein die Sünde war, weshalb im Gesetz der Tod so stark wirkte. Es soll nochmals betont werden, daß das Gesetz heilig ist, und darum hatte der Apostel Wohlgefallen an ihm. Damit aber niemand meine, Paulus sei ein Adventist gewesen, fügte er hinzu: „nach dem inneren Menschen“.
Jetzt müssen wir zuerst wissen,was der „innere Mensch“ ist.
Drei Bibelstellen gibt es im NT über den inneren Menschen. Im AT existierte er noch nicht.
Deshalb müssen wir fragen: Was ist denn der innere Mensch des Paulus, welcher am heiligen Gesetz Gottes Wohlgefallen hatte? Es ist: der innere Mensch des Geistes, der durch das Gesetz des Geistes des Lebens (Rom. 8,2), die neue Geburt in uns zum Ausdruck bringt. Nur Errettete haben einen inneren Menschen. Von ihm redet Paulus in Röm. 7,20 als von seinem „ich“, durch welches er nicht sündigt. Die neue Schöpfung kann nicht sündigen (1.Joh. 3,9). Sie ist aber in unserem Leibe der Niedrigkeit mit unserem sündigen Fleisch verbunden. Deshalb muß der „innere Mensch“ täglich erneuert werden (2. Kor. 4,16). Dort
heißt es: „Deshalb ermatten wir nicht, sondern wenn auch unser äußerer Mensch verfällt, so wird doch der innere Tag für Tag erneuert.“ Das bedeutet, daß nach Eph. 3,16 der innere Mensch durch den Geist des Herrn täglich aus dem Reichtum Seiner Herrlichkeit die Kraft Seiner Stärkung erfährt. Infolge der Verbundenheit der neuen Schöpfung mit unserem Fleische ist ein beständiger Verbrauch geistlicher Substanz vorhanden. Dieser Verbrauch wird bei jedem Erretteten „täglich“ durch Kraftstärkung Gottes ergänzt. Hierzu hilft auch unsere tägliche Bibellese und das Gebet.
Das ist der „Mensch des Geistes“, was aber nicht zu verwechseln ist mit dem „Geist des Menschen“. Der „innere Mensch“ stellt die Verbundenheit des Geistes Gottes in unserem Fleische dar. Der „Geist des Menschen“ wird dabei nur eingeschaltet. Wegen der Heiligkeit und Gerechtigkeit des Gesetzes hatte also Paulus daran sein Wohlgefallen, aber nur am „inneren Menschen“. Nach Vers 23 im Textwort heißt es weiter: „aber ich sehe ein anderes Gesetz in meinen Gliedern“, es ist nach Röm.8,2 das Gesetz der Sünde und des Todes. Wenn der Apostel von seinen
Gliedern redet, ist sein Fleisch angesprochen. Dieses Gesetz der Sünde streitet gegen seine Gesinnung (hier steht Sinn). Paulus lebte in der Gesinnung, die nach Phil. 2,5 „auch in Christo Jesu war“. Trotzdem war der Kampf als Erretteter so groß, daß dieses Gesetz der Stünde ihn in Gefangenschaft brachte, welches sein Fleisch betraf. Danach standen die Glieder des Paulus unter der
Gefangenschaft des Gesetzes der Sünde. Der Apostel konnte in Vers 23 des Textwortes sagen: „aber ich sehe“.
Fragen wir nun, was ist aber, wenn Gläubige das nicht sehen. Dann treten bei solchen beständig Probleme im Glaubenswandel auf. Nicht sehen, ist geistliche Erblindung.
Wenn wir einen leiblich Blinden fragen, ob er blind sei, bestätigt er es! Wenn wir aber einen geistlich Blinden fragen, ob er blind sei, sagt er nein! Damit haben wir bereits den Schlüssel zu diesem Zustand. Wir können vor Gott sagen: geistlich blinde Kinder Gottes sind nicht in der Lage, sich selbst zu beurteilen. Beurteilt sich ein geistlich Blinder, ist das Ergebnis zu 100 Prozent falsch. Diese Falschheit der
Eigenbeurteilung ist nichtgewollte Unaufrichtigkeit. Sie wollen durchaus nicht unaufrichtig sein. Sie sind jedoch vom
Feind so belogen, der ihnen sagt, daß sie nicht blind, vielmehr aber aufrichtig wären. Das ist der Grund, warum es geistlich Blinden so schwer fällt, die Wahrheit anzunehmen. Der übliche Tenor lautet: ja – aber.
Wenn 200 Gläubige sagen: der Bruder ist geistlich blind, dann sagt dieser: nein! Es rührt diesen geistlich Blinden nicht, daß die Bibel sagt, wie aus zweier oder dreier Zeugen Mund jede Sache bestätigt wird. Eine Belehrungs-Parallelität in dieser Angelegenheit finden wir in Joh. 9,39-41. Im Dialog mit den Schriftgelehrten erklärt der Herr: „Wenn ihr blind wäret, so würdet ihr keine Sünde haben; nun ihr aber saget: Wir sehen, so bleibt eure Sünde.“ Durch die Belogenheit des Seelenfeindes
werden weitere Sünden festgemacht. Zumeist sind es Stolz und Hochmut. Fragt man einen, der vor Stolz platzt, ob er stolz sei, antwortet er aus der Tiefe seiner Seele: nein! Zunächst muß gesagt werden, daß allein nur Außenstehende bei einem geistlich Blinden feststellen können, ob Stolz vorliegt. Fragen wir uns: „Weshalb kommen Gläubige oft ihr ganzes Leben nicht aus den damit verbundenen Problemen ihres Glaubenslebens heraus?“
Vom Grundsatz muß gesagt werden, daß es allein ihre eigene Schuld ist. Würden sich jene anhaltend vor dem Herrn demütigen, käme erstmals Vergebung in ihr Leben. Da sie belogenerweise nur ihre Unschuld sehen, ist ihnen beständige Beugung vor dem Herrn fremd. Aus diesem Grunde gibt der Feind auch nicht nach, sondern versucht die Herzen immer fester abzuriegeln. Eher sind alle Menschen auf der Erde schuld, als daß ein geistlich Blinder seine eigene Schuld erkennt. Jedwede Anerkennung
eigener Schuld wird so stark abgewiesen, daß man von echten Hilfen nichts wissen möchte. Aus diesem Grunde wagt sich dann niemand mehr etwas zu sagen, weil das Ausschlagen der Hilfe schon von vornherein bekannt ist. Es bleibt menschlich verständlich: Wer will sich schon an Haarböcken verzehren? Jede noch so gut gemeinte Korrektur wird als Angrif f oder Verurteilung betrachtet.
Mit einer Uhrwerksgenauigkeit werden Vergleiche mit anderen Gläubigen hervorgebracht. Gegen jene stehe man ja weit besser vor dem Herrn. Zum Schluß will man die Eigen-Rehabilitation, wobei jede ausgeschlagene Hilfe als Mißverständnis endet. Es war gesagt worden: Würden sich jene demütigen, wie der Herr es will, käme erstmals Vergebung in die Sache. Der Feind aber
verhindert die Vergebung vor Gott durch die Lüge: sie hätten keine Schuld. Der Bösewicht müßte sofort verschwinden, wenn die Sünden vorbehaltlos ins Licht kämen. Der geistlich Blinde verhindert jedoch das alles, indem er der Lüge glaubt, er sei schuldlos. Dort, wo die Vergebung in solcher Sache fehlt, gewiesen, daß die vorgenannte Situation bei zahllosen Gläubigen mehr oder weniger zutrifft. Durch anstehende Unreinheit wird dem inneren Menschen jedwede geistliche Expansion
genommen. Eine Folge davon ist, daß sich Betreffende in tiefes Selbstbedauern flüchten. Was aber kann getan werden, um geistlich Blinden wieder zum Licht zu verhelfen? Nach Offb. 3,17b war eine ganze Gemeinde blind. Sie sahen nicht, daß der Herr draußen stand. Darum wird ihr in Offb. 3,18 empfohlen: Augensalbe zu nehmen, damit sie wieder sehen können. Wir wissen nicht, ob die Gemeinde Laodicäa dem Worte Gottes nachgekommen ist. Die Augensalbe ist nichts anderes als das, was auch heute in diesen Fällen fehlt: : Buße. Wer diese Buße nicht bringen will, der bleibt in der Züchtigung Gottes, wie es in Offb. 3,19a heißt: „lch überführe und züchtige, so viele ich liebe.“ Da der Herr Jesus die Erretteten so lieb hat, züchtigt ER mit beständigen Problemen jene, die nicht Buße tun wollen. Es soll doch wie in Textvers 23 erwähnt wird, erkannt werden, daß in der Gesinnung etwas „widerstreitet“. Das sind die Auseinandersetzungen, die der Herr nehmen will. Paulus sagt: „mich in Gefangenschaft bringt.“ Das aber sind Dinge, die wir ablegen können und sollen, weil darunter die Freiheit in Christo leidet. Alle, die sich da nicht ganz tief
reinigen, lieben in diesem Punkt den Satan mehr als den Herrn Jesus. Die Augensalbe zu nehmen, nämlich Buße zu tun, wäre die Hilfe und Ausweg aus dem beschriebenen Zustand. Wenn das nicht getan wird, bringt mich meine Gefangenschaft in dieser Sache auch noch unter das Gesetz der Sünde. Der fleischliche Christ bringt seine
Lebensgebiete lieber unter das Gesetz der Sünde und des Todes, als die Dinge dem Herrn zu überstellen, um sie dem Gesetz des Geistes des Lebens zu übereignen. So verdreht können Kinder Gottes sein, wenn sie blind sind und die Augensalbe des Herrn verweigern. Wundern wir uns dann, wenn der Friede mit Gott beständig gestört ist? Die Bereitschaft zu tiefster Reinigung ist aber auch eine Frage der Liebe zu Jesus, unserem Herrn. Lesen wir nicht in 2.Tim. 2,21: „Wenn nun jemand sich von diesem reinigt, so wird er ein Gefäß zur Ehre sein, geheiligt, nützlich dem Hausherrn, zu jedem guten Werke bereitet.“ In der Fußnote der Elberfelder heißt es: Eigentlich von diesem wegreinigt, sich reinigt, indem er sich von diesen absondert.
Wer aber trotz Problemen meint, sich nicht reinigen zu brauchen, der liebt eben die Probleme mehr als den Herrn.
Solange man nicht nach Gottes Willen gereinigt worden ist, vollziehen sich alle Spannungen und Auseinandersetzungen in uns, zu unserem Schaden. Erst wenn die Blutskraft Jesu die giftigen Eiterherde beseitigt hat, tritt der Sieg des Herrn in unser Leben ein, weil die Vergebung unsere Schuld kraftlos gemacht hat. Hier im Fleische des Leibes haben wir viel Widerstand gegen die Reinigung. Der Herr aber sagt: „Wer überwindet, dem werde ich geben“ (Offb. 3 21a). Deswegen steht in der endlosen Ewigkeit jeder so da, wie er es hier gewollt hat.
'Denn erretten wird er den Armen, der um Hilfe ruft, und den Elenden, der keinen Helfer hat'. Psalm 72,12
W. Bergmann
Werner Bergmann
Thema:
Die Heilung eines Blinden in Markus 8,22-26
Wir wollen ein neutestamentliches Thema behandeln und zwar das uns zugleich auch ein Wenig hinein führen soll in die Auslegung des Wortes. Wir möchten dabei Herz, Ohren, Augen öffnen, damit eindringe sein wunderbares Wort. Es ist schon eine Gnade, es ist schon ein Geheimnis um dieses Wort, weil es so unterschiedlich aufgenommen wird von den Gläubigen, weil dieses Lebensbrot in so unterschiedlicher Weise von den einen auch wert geachtet wird. Wir schlagen auf Mk.8,22-26. Da heißt es: „Und er kommt nach Bethsaida und sie bringen ihn einen Blinden und bitten ihn, dass er ihn anrühre. Und er faßte den Blinden bei der Hand und führte ihn hinaus außerhalb des Dorfes. Und da er in seine Augen gespien hat, legte er ihm die Hände auf und fragte ihn, ob er etwas sehe. Und aufblickend sprach er: Ich sehe die Menschen, den ich gewahre solche, die wie Bäume umherwandeln. Dann legte er wiederum die Hände auf seine Augen und er sah deutlich. Und er war wiederhergestellt und sah alles klar. Und er schickte ihn nach seinem Hause und sprach: „Gehe nicht in das Dorf, sage es auch niemandem im Dorfe“. So weit das verlesene Wort Gottes.
Eine hoch interessante, eine lehrreiche Geschichte aus der Erdenzeit unseres Herrn Jesus. Es heißt hier: „Und er kommt nach Bethsaida“. So beginnt der Abschnitt. Von den Jüngern wird eigentlich gar nichts erwähnt, obgleich sie dabei waren, wie wir dann noch hören werden und weshalb hier nicht von den Jüngern geredet wird. Bethsaida heißt zu gut deutsch „Fischfangort“, in zweiter Linie auch „Haus der Fische“ oder „Fischhaus“. Wir selbst merken uns „Fischfangort“. Das ist wohl das Treffendste. Hatte der Herr Jesus in Kap.1,17 nicht gesagt: „Ich werde euch zu Menschenfischern machen“. Und jetzt, hier, zeigt der Herr den Jüngern die Fangorte; in V.10 des Kapitels Palmanuta; in V.22 Bethsaida und in V.27 Cäsarea Phillipi. Der Herr ist es, der seine Jünger an die Fangorte heran führt. Es ist nicht gut dort zu fischen, wohin der Herr uns nicht geführt hat. Sonst müssen wir einmal wie Simon bekennen: „Herr, Meister, wir haben die ganze Nacht hindurch uns bemüht und nichts gefangen“. Wie viel Bemühung ohne Segen finden wir auch heute in der Gemeinde Jesu. Alles das was nicht in Verbindung mit dem heiligen Geiste geschieht in der Gemeinde Jesu, ist frommer Betrieb. Wir wollen uns das gut merken.
Herr Jesus du hast die Jünger nach Bethsaida geführt, was ist denn deine Beute in Bethsaida? Was haben wir gelesen? Ein Blinder. Na, hat der Herr Jesus nicht mehr auf die Beine gebracht als einen Blinden? Nach Bethsaida zu gehen wegen einem Blinden? Was ist ein Blinder? Nun das ist einer, der überhaupt nicht sehen kann. Von Natur aus sind wir alle für das Tun Gottes blind. Ein solcher lebt immer in der Nacht. Er kann das Licht des Tages, die Sonne nicht mehr sehen. Er kann das Licht nicht mehr wahrnehmen. „Wer aber in der Nacht wandelt“, sagt der Herr, der stößt an (Joh.11,10). Von Natur aus sind wir alle blind für das geistliche Licht, für das Licht Jesus. Gibt Gott uns nicht die Gnade der Erkennbarkeit, würden wir alle in der Dunkelheit umkommen, verschmachten. Darum ist die geistliche Blindheit weit, weit ärger als die leibliche. Darum, weil sie die Seele betrifft, die doch der Errettung bedarf.
Und jetzt beachten wir, wie es geschrieben steht. „Und sie bringen ihm einen Blinden“. Nur zu Jesus müssen auch heute geistlich Blinde gebracht werden. Bringt sie ja nicht in ein religiöses System. Es geht schief. Bringt sie zu Jesus. Warum denn das? Der Herr Jesus hat bis heute noch niemanden enttäuscht. Hast du schon Enttäuschungen von Menschen erlebt? Darf ich dir was sagen? Du bist selber daran schuld. Du darfst dich nicht auf sie verlassen. Du mußt dich auf Jesus verlassen. Mache mal die Augen heute abend auf und lerne von dem Blinden in Bethsaida.
Nun, wenn man diesen Blinden zu dem damaligen Hohenpriester in Israel gebracht hätte, was meinen wir, was da los gewesen wäre? Gar nichts. Wenn man ihn in den Tempel hinein gebracht hätte, wißt ihr was da gewesen wäre? Gar nichts. Wißt ihr, wo die Veränderung liegt? Weil sie ihn zu Jesus brachten. Dort ist Veränderung. Freund, Jesus verändert. Merke dir diesen Satz. Hier wird aber auch offenbar, wer der wirkliche Hohepriester, wer der Hohepriester in Wirklichkeit war. Er war zu dieser Stunde nicht in Jerusalem. Er war in Bethsaida – Jesus. Bringen wir, bringst du auch Blinde zu Jesus hin, oder läßt dich das kalt? Bist ein deftiger Egoist, es genügt wenn du errette bist, nicht wahr? Da kann man ja die Hände auf den Leib legen, und sagen: Ich hab’s gepackt, das stimmt schon. Aber damit ist unser Auftrag nicht erfüllt. Diese Schriftstelle widerlegt zugleich auch die Lehre der Allversöhnung. Das Kommen Jesu nach Bethsaida ist vergleichsweise das Kommen Jesu auf diese Erde. Wenn der Herr Jesus vor bald zweitausend Jahren auf diese Erde gekommen ist, so herrlich, wie dieses Werk der Erlösung ist, allein durch sein Kommen wären wir nicht gerettet, würden wir sein Kommen nicht beantworten. Denn die Anwesenheit Jesu in Bethsaida hat den Blinden nicht sehend gemacht. Die Tatsache der Fleischwerdung des Herrn läßt die Menschen auch nicht automatisch gerettet sein. Der zweite Schritt, der Schritt des Menschen hin zu ihm, gehört genauso dazu, um errettet zu werden. Das ist unser Kommen zu Jesus. Das ist „und sie bringen einen Blinden zu Jesus“, zu ihm, dem Herrn. Nur wenn wir das Angebot der Errettung beantworten, dass heißt, zu Jesus kommen, tritt letztlich Gemeinschaft ein. Und weil Blinde zu blind zum Gehen sind, haben die Blinden gebracht zu werden. Es geht hier ganz klar daraus hervor. Und bringen wir die Blinden nicht zu Jesus, geraten wir in Schuld. Wißt ihr, worüber ich mich immer freue? Dass die Jünger hier nicht erwähnt werden. Sie hätten den Blinden nicht sehend gemacht, da könnt ihr euch drauf verlassen. Wenn wir Blinde zu Jesus führen, die erretten wir nicht, das macht der Herr Jesus selber. Wir sollen sie nur hinführen, mehr verlangt der Herr gar nicht. Du, Freund, warum machst du das nicht?
Der Grund war ja auch, den Blinden in Gemeinschaft mit dem Herrn zu bringen. Durch das Hinführen zu Jesus wird Gemeinschaft mit Gott zustande gebracht. Das ist: „und sie bitten ihn, dass er ihn anrühre“. Sie baten ihn: Herr Jesus, wir haben dir einen gebracht, rühre den mal an. Durch Berührung kommt Gemeinschaft, aber nicht jede Berührung bringt auch Gemeinschaft. Ich denke an ein anderes Geschehnis des Neuen Testaments. Da war das blutflüssige Weib. Und es berührte die Quaste des Herrn Jesus von hinten im Gedränge. Und der Herr hält inne und sagt: Von mir ist Kraft ausgegangen. Wer hat mich berührt? Die Jünger sind empört. Sie sagen: In diesem Riesengedränge, sagst du noch, wer hat mich berührt. Alle anderen hatten den Herrn Jesus berührt, ohne der Zielsetzung der Gemeinschaft. Und darauf kommt es an, dass wir zu Jesus kommen mit der Zielsetzung mit Jesus Gemeinschaft zu haben. Unser Herr, der da einstmals rief: „Kommet her zu mir alle“ (Mt.11,28), er erfaßt den Blinden bei der Hand (V.23). Das heißt, in diesem Augenblick übernimmt der Herr Jesus seine Lebensführung. Gläubige ohne Sieg, das sind solche, die sich nicht recht führen lassen. Es war ein Blinder, er kam zurecht. Du bist nicht blind, leiblich nicht blind, kommst nicht zurecht, dann läsest du dich wegen deines eigenen Willens nicht recht führen. Gibt es überhaupt eine größere Sicherheit als an der Hand Jesu? Beantworte diese Frage dir selbst. An der Hand dessen, von der die Schrift sagt, „der das Leben selbst ist, der das Licht selbst ist“. Und wißt ihr, warum dieser Blinde hier überhaupt sehend wurde? Weil er sich führen lies. Das war das ganze Geheimnis. Das Geheimnis eines siegreichen Lebens mit Jesus ist, sich nach dem Willen des Wortes Gottes und des Willens des Herrn führen lassen. Das ist ja ganz klar, wenn wir den Willen Gottes durch sein Wort nicht kennen, dann können wir uns auch nicht richtig führen lassen. Dieser Blinde, er hatte keinerlei Bedingungen mehr, oder hat jemand was gelesen? Ich habe nichts lesen können. Er hat nicht zum Herrn Jesus gesagt: Ich habe Zweifel. Na, ja, sicher, nichts. Er hat nicht gesagt, du mußt links rumlaufen, rechts rum. Er hat sich führen lassen. Er war ja blind. Das hat der Herr uns überlassen, wie wir an seiner Hand zu gehen haben. Und wenn der treue Herr uns nicht sein Licht gibt, dann sind wir allesamt blind. Allein die Absicht, ihn, den Herrn Jesus zu berühren, beantwortete der Her mit seiner Hand. Diese Hand, die wird uns im Alten Testament schon gezeigt, da wird sie manchmal auch Arm genannt. Diese seine Hand ist der starke Arm Gottes. Dieser „El“, der Starke. Wer keinen Sieg hat, läßt sich nicht führen. Und wer sich nicht führen läßt, der weiß es eben besser als der Herr Jesus. Es ist ganz klar, und solche kommen nicht zurecht. Sie machen sich selbst und anderen riesen Probleme. Sie fallen über ihre eigenen Füße, nur führen lassen sie sich nicht. Warum nicht? Sie wissen es besser als der Herr.
Jetzt das Nächste. Wohin führt der Herr ihn? Hier steht geschrieben „hinaus, außerhalb des Dorfes“. Es ist interessant was sich hier auftut. War etwa auf dem Dorfplatz nicht genügend Raum, nun für dieses Wunder, sagen wir? Ganz gewiß. Aber warum geht der Herr mit ihm, den Blinden vom Dorfe weg? Weil der Unglaube der dortigen Bewohner dieses vom Herrn beabsichtigte Wunder verhindert hätte. Und wer im Unglauben leben will, der hat kein Teil am Werke Gottes. Wegen dieses Unglaubens, so steht es geschrieben, konnte selbst der Herr in seiner eigenen Vaterstadt nicht viele Wunder tun (Mt.13,58). Es ist überhaupt eine gefährliche Sache, eine explosive Situation, im Unglauben die heilige Nähe Gottes zu erfahren. Der Blinde aber war glaubend. Seine ganze Hoffnung setzte er auf Jesus. Er mag wohl auch der einzige Glaubende in diesem Dorfe gewesen sein. Warum war er glaubend? Doch wohl nur, wegen der ihn auferlegten Not seiner Blindheit? Da kommen wir zu einem Thema, das wir das von Gott Auferlegte nicht als etwas feindliches zu betrachten haben. Wäre dieser Mann nicht blind gewesen, hätte es wohl keine Begegnung mit dem Retter und Heiland gegeben. Freund, deine Not hat der Allmächtige in seiner Hand. Aber er tut es mit Absicht, dich noch so lange darin zu lassen, wie es ihm gefällt, damit er dich in seiner Nähe halten kann. Ach möchten auch wir mehr lernen die zugelassenen Umstände der Not als Gottes Gnade zu erkennen, damit wir sagen können gleich dem Propheten Jes.38,17: „Siehe, zum Heile ward mir bitteres Leid“. Ohne Leid vermag uns der Herr kaum in seine liebende Gemeinschaft zu bringen. An sich ist es sehr beschämend für uns. Gleich so wie damals für eine leibliche Gesundung eine Trennung des Unglaubens vom Glauben notwendig war, so erkennen wir den Vorgang rein geistlich in der Gemeindezeit. Eine Begegnung mit Christus ist nur auf dem Boden des Glaubens notwendig und letztlich auch möglich. Und dann tritt erst Gemeinschaft mit dem Lebensretter Jesus ein. Er ist, der uns hinaus führt aus Verlorenheit und Tod und gibt uns außerhalb unserer alten Gemeinschaft neues Licht. Aber der Herr führt uns auch aus dem Unglauben und aus der Umgebung des Unglaubens heraus. Dabei führt er uns soweit hinaus, dass keine Verbindung mehr mit den Ungläubigen besteht. Das sind die Wege Gottes, wie hier bei den Blinden aus dem Dorfe hinaus. So steht es geschrieben. Wehe, wenn Kinder Gottes die alten Brücken zur Welt noch benützen wollen. Wehe, wenn wir selbst die Brücken nicht zerstören, die uns mit der alten Welt verbunden hielten, oder Brücken des Unglaubens wiederherstellen wollen.
Auffallend ist sogar der Ausdruck „außerhalb des Dorfes“, also keine Berührung mehr mit den ungläubigen Dorfbewohnern. Wir werden bei dieser Gelegenheit an das Wort in Hebr.13,13 erinnert, wo es heißt: „Deshalb laßt uns zu ihm (Christus) hinaus gehen außerhalb des Lagers seine Schmach tragend. Die Schmach Christi wird außerhalb des Lagers getragen. Denn sobald wir uns mit dem Lager der Gottlosigkeit oder Religiosität einsmachen, ist die Einheit mit Christus in irgend einer Tiefe gestört. Denn Christus ist nicht im Lager zu begegnen, weil er nicht dort ist. Er weilt außerhalb des Lagers, sagt der Hebräerbrief, und zwar darum, weil der Herr Jesus dieses Lager verlassen hat. Das Lager in der Zeit war Jerusalem. Ich glaube, am gefährlichsten für uns ist das religiöse Lager der Christen, weil glaubenstote Christen nicht schlechter als der Atheismus sind. Dort wo sich Gläubige und Ungläubige zum Abendmahl zusammenfinden, steht das Wort Gottes gegen uns. Das müssen wir sagen, weil die Bibel es so deutlich hinterläßt. Der Herr ist nicht dort, auch dann nicht, wenn Kinder Gottes dabei sind. Hat der Herr den Blinden nicht etwa da heraus geführt? Doch. Um seine Herrlichkeit an ihn zu erweisen? Doch. Und wie? Ich sollte dann wieder Gemeinschaft mit dem Tode haben? Nein. Wo ich doch durch Christus das ewige Leben empfangen habe. Nur außerhalb ist darum die tiefere Gemeinschaft mit Jesus überhaupt möglich. Beachten wir den tiefer werdenden Vorgang der Gemeinschaft beim Blinden.
Das Erste war anrühren. Dieses Anrühren des Blinden mit Jesus, das wollten noch Menschen.
Zweitens, an der Hand erfassen. Das ist schon mehr als anrühren. Das wollten nicht Menschen, sondern das wollte schon der Herr, mit dem Ziel, ihn heraus zu führen.
Drittens, die Gemeinschaft des Geistes zu erweisen durch die hier uns mitgeteilte Handauflegung. Das war wohl das Innigste im Ausdruck von Gemeinschaft.
In Mk.7,33, da spützte der Herr bei dem Tauben, der nichts hören konnte. Bei dem Näeman, da war es das Wasser des Jordan, und hier in unserem Text, da spützt er in die Augen des Blinden.
Wir kämen zur Frage: Was bedeutet das hier erwähnte spützen? Das müssen wir wissen. Wenn wir das nicht wissen, können wir unmöglich solche Bibelstellen auch auslegen. Denn das sind ganz entscheidende Dinge. Spützen bedeutet Gericht. Er spützte zuerst in seine Augen. Er sagt, dass du blind bist, ist dein verdientes Gericht. Die zweite Handlung war die Handlung der Gnade. Das war Gemeinschaft im Auflegen seiner Hand. Zu Laodicea ist gesagt: „Werde ich dich ausspeien aus meinem Munde“ (Offenbarung 3). Das war Gericht. Wir finden auch dieses Gericht des Speiens bei Miriajam in 4.M.12,14, wo es heißt ungefähr: Sollte ihr Vater, sagt Gott, ihr nicht ins Gesicht speien, weil sie sich gegen Mose aufgelehnt hatte mit Aaron. Das heißt, dieser Blinde war nicht ungerecht behandelt anderen Menschen gegenüber, sondern er hatte Gericht verdient. Und wenn wir heute leiblich nicht blind sind, dann ist es der Ausdruck überreicher Gnade an uns. Aber immer war die Wirkung die Gleiche – Gesundung. Ob es bei dem Tauben in Mk.7,33 war; ob es bei den Syrerobersten Näeman war; oder hier bei diesen Blinden. Und der Herr legt nun ihn die Hände auf, und fragt, ob er etwas sehe. Sehend wurde er nicht, nachdem der Herr gespützt hatte. Das heißt, durch Gericht werden wir nicht sehend, sondern durch seine Gnade. Wer im Gericht Gottes umkommt, weil er Christus nicht angenommen hat, wird nicht mehr sehend. Und die Antwort ist: Das er die Menschen sehen könnte. Sie würden allerdings wie Bäume wandeln. Das heißt, er sah undeutlich. Hier wird also klar, dass durch die Handauflegung eine Teilbefreiung eingesetzt hat. Diese Handauflegung hat nach der Lehre des Wortes auch heute noch eine Rechtsgültigkeit nach Jak.5,14-16, und hat solches der Ältestenschaft, die auf dem Boden der Heiligen Schrift leben, Gültigkeit. Die Grundlage aber ist der Glaube, allerdings in der Freiheit beider Seiten und Übereinstimmung mit Gott.
Nach V.25, legt der Herr danach noch einmal die Hände auf. Und der Blinde, sagt die Schrift, sieht alles klar. Das Besondere dieses Abschnitts liegt eigentlich in der Einmaligkeit von zwei Handauflegungen in ein und derselben Sache. Dies bedeutet lehrenhaft, da keine definitiven Angaben in den Briefen vorhanden sind, auch heute die Anwendung von Wiederholungen in dieser Sache vollziehen zu können. Was aber den Umstand betrifft, dass die Jünger in diesem Abschnitt nicht erwähnt sind, liegt darin, dass diese Geschehnisse des Blinden in der persönlichen Gemeinschaft zwischen dem Herrn und einem Blinden, einem Jünger, andere Gläubige zurückzustehen haben. Eigentümlich ist die Tatsache, dem Einen die Weisung zu geben, mit niemanden darüber zu sprechen, wie hier, hingegen zum Beispiel in Mk.5,19, die Weisung zu geben, hinzugehen und zu verkündigen, was der Herr an ihm getan habe. Dies richtet sich wohl danach, wo der Einzelne das bessere Zeugnis sein kann.
Zum Schluß dieser kleinen Auslegung noch die prophetische Seite dieses Abschnittes. Sie gehört ja gleichsam dazu. Der hier erwähnte Blinde zur Zeit Jesu ist Israel. Und der Herr Jesus ist der Messias, der zu seinem Volke kam, welcher das blinde Israel an seine Hand nimmt. Aber sie wollten nicht, dass dieser über sie herrsche. Und die Absicht des Herrn war es, um es heraus zu führen, aus aller Nacht der Blindheit. Auch heute liegt die im Neuen Testament erwähnte Decke noch auf Israel. Und wenn du über deinen Kopf eine dicke Kamelhaardecke stülpst, dann kannst du selbst feststellen, was du noch siehst. Die erste Handauflegung war das erste Kommen Jesu zu seinem Volke, mit der Zielsetzung Gemeinschaft herzustellen. Die wandelnden Bäume, die er dabei sah, dieser Blinde, nach der ersten Gemeinschaft der Handauflegung, bedeutet, dass Israel trotz Anwesenheit des Messias keine klare Sicht hatte. Die Sicht war betrübt zur Zeit Jesu in Israel, wegen des Ungehorsams des Unglaubens. Unglaube macht uns blind. Aber erst beim zweiten Kommen, wenn der Herr Jesus wieder erscheinen wird, das ist die zweite Handauflegung, wird Israel ihren Herrn und Messias deutlich, hier heißt es „klar“ erkennen. Der Prophet Jeremia redet in Kap.31,34b von diesem Geschehnis und sagt: „Denn sie alle werden mich erkennen von ihrem Kleinsten bis zu ihrem Größten“, spricht der Herr. Amen.