Die erstaunlichste Liebesgeschichte der Welt


Ich möchte eine Liebesgeschichte erzählen, die ich von der schon erwähnten Guli Fjodorowna gehört habe, die zur Stalinzeit in Lagerhaft war. So hat sie es mir berichtet:


„Im Lager erzählten wir uns alle gegenseitig von unserem privaten und beruflichen Leben und erfuhren so sehr viel über einander. Nur eines erfuhren wir nicht: wofür wir sitzen müssen. Ein junges Mädchen namens Ira sprach allerdings nie über sich persönlich. Sie war insgesamt zwanzig Jahre im Gefängnis.

Zwei Jahre, nachdem wir unter Chruschtschow rehabilitiert wurden, trafen sich drei von uns rein zufällig wieder: ich, Ira und Galja, die auch in Lagerhaft war. Glücklich über das Wiedersehen gingen wir in ein Lokal, kauften eine Flasche Wein und tauschten Erinnerungen an unsere Vergangenheit aus. Dann sagten wir zu Ira: Jetzt kannst du uns doch sagen, weswegen du angeklagt wurdest.'


Ja, jetzt kann ich es sagen', antwortete sie. ,Ich habe Fremdsprachen studiert, und nach Abschluss meines Studiums wurde ich als Übersetzerin zur britischen Botschaft geschickt. Einmal kam ein englischer Lord, verliebte sich in mich, und wir heirateten. Wir lebten gerade drei Monate zusammen, da wurde er vom sowjetischen Außenministerium ohne weitere Erklärungen um Punkt Mitternacht ausgewiesen. Er konnte mir nur noch sagen: ,Pass auf dich auf, hier bei euch geschieht etwas Furchtbares. Es kann sein, dass sie dich abholen, sobald ich fort bin. Präge dir meine englische Adresse wie das Vaterunser ein, und lass unbedingt etwas von dir hören!' Ich wollte und konnte das damals nicht glauben, ich hielt das für völlig absurd. Doch dann geschah es tatsächlich; drei Tage, nachdem er abgereist war, holten sie mich. Den Rest kennt ihr ja. Das ist meine Geschichte."


Galja und ich riefen fast gleichzeitig: ,Und - weißt du seine Adresse noch?' Sie antwortete: Was habe ich davon? Das ist inzwischen zweiundzwanzig Jahre her. Er ist doch ein Lord, er hat bestimmt geheiratet und mich schon längst vergessen. Wir haben ja nur sehr kurz, gerade drei Monate, zusammen gelebt. Nein, das hat gar keinen Zweck!' Doch wir fragten so lange, bis sie die Adresse herausbrachte.


Dann tranken wir uns mit einem zweiten Glas Wein Mut an, gingen zum Hauptpostamt und schickten ein Telegramm. Ebenfalls per Telegramm erhielt Ira von ihm eine Antwort: ,Ich habe dich immer geliebt und dich mein ganzes Leben lang gesucht. Ich warte auf dich.' Er kam dann nicht selbst, um sie abzuholen, sondern schickte jemanden mit seinem Privatflugzeug, der sie auf das Wiedersehen vorbereiten sollte.

Sie bat uns als ihre Freundinnen, dabei zu sein, wenn dieser Bote kam. Ihr war dies alles sehr unangenehm: Gerade noch hatte sie auf der Gefängnispritsche gelegen, Toiletteneimer getragen, und nun sollte sie nach England, und dann noch mit einer Privatmaschine. Wir warteten also alle auf diesen Engländer. Als er kam, begrüßte er uns und fragte: ,Wer ist Miss Petrowa?' Wir kippten fast von unseren Stühlen, als wir hörten, dass unsere Ira nun eine Miss war. Zum ersten Mal erlebten wir, dass jemand so angeredet wurde, man hatte das sonst nur so aus Büchern gehört.


Der Engländer sagte zu Ira: ,Alle Papiere zur Ausreise sind fertig, das Flugzeug wartet auf dem Flughafen auf Sie. Doch könnten Sie mir vielleicht einmal Ihre Garderobe zeigen?' Ira öffnete ihren knarrenden, vorsintflutlichen Kleiderschrank, in dem nur eine alte, rote Bluse und ein graues Wolltuch hingen. Dann fragte er sie, ob sie mit ihm einkaufen gehen würde, und fügte hinzu: ,Dort ist schon alles für Sie vorbereitet, wir kaufen hier nur etwas für unterwegs.' So fuhren wir zum Berjoska-Laden, der sonst Ausländern vorbehalten war, und dort wurde Ira so eingekleidet, dass wir sie nicht wiedererkannten. Allein der Nerzmantel, den sie bekam, kostete zehntausend Dollar. Dann bestieg unsere Ira schließlich wie eine Königin das Privatflugzeug. Wir schauten ihr nach und fragten uns, ob das alles nicht nur ein Traum war.

Später schickte sie uns einen Brief mit Fotos. Sie beschrieb, wie ihr Lord mit seiner Mutter zum Flugzeug gekommen war,

Allein die Liebe macht unser Leben glücklich.
Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass Christen täglich in den gewöhnlichsten Situationen Wunder erleben; das größte Wunder aber ist die Liebe, die mehr und mehr unsere Herzen erfüllt. Die Liebe und nur sie ist in der Lage, das Böse zu überwinden, das in der Welt regiert. Allein die Liebe kann unser Leben glücklich machen und es mit Sinn erfüllen.

Es gibt eine Legende: Als der Apostel Johannes schon sehr alt war und das Ende seines irdischen Lebens nahe war, wandte sich einer seiner Jünger an ihn und fragte: „Johannes, warum sprichst du immer nur von Liebe: von der Liebe Gottes zu uns und unserer Liebe zueinander? Warum sprichst du nicht auch mal über etwas anderes?" Da antwortete ihm Johannes, der schon von seiner Jugend an Christus liebte und an seiner Brust gelegen hatte: „Weil es nichts anderes gibt als die Liebe."
Jeder Mensch der Erde ist aus Liebe und für die Liebe geschaffen, denn er ist ein Geschöpf nach dem Bilde Gottes. Jeder Einzelne ist ein Schatz, eine „Tiefe des Reichtums", und über jeden kann ein Buch geschrieben werden. Aber selbst wenn das gelänge, das menschliche Gedächtnis ist begrenzt und vergänglich. „Schaffe ein ewiges Gedächtnis", so singen wir am Grab. Und Gott antwortet uns: „Ich habe dich je und je geliebt" (Jer. 31,3). Die Liebe Gottes zu uns Menschen ist es, von der ich in diesem Buch erzählen wollte.
Allein in Christus besteht der Sinn meines Lebens.
In ihm ist meine Auferstehung und mein ewiger Frühling.


Schirinai Dossowa (Moskau)

russische Evangelistin, eine ehemalige Muslima

 

 


 

 

 
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