Psalm 89
,,Ich will singen von der Gnade des Herrn ewiglich, und Seine Wahrheit verkündigen mit meinem Munde für und für. Und sage also: Daß eine ewige Gnade wird aufgehen
und Du wirst Deine Wahrheit treulich halten im Himmel."
So, meine Lieben, singt der Psalmist im Blick
auf das unvergängliche Reich Christi und auf die ewige
Gnade, die in Ihm aufgehen wird; ja, sein Mund fließt
über von Rühmen und Danken, Loben und Preisen der
unergründlichen Barmherzigkeit, Macht und Herrlichkeit
Gottes. Konnte der Psalmist, im Vorgefühl dieses
zukünftigen Glückes, schon so in der Gnade leben und
seine Seele voll Lob und Dank sein, wie viel mehr sollten
wir fröhlich und dankbar sein, die wir im Vollgenuß dieser
Gnade stehen, worin uns das alles schon erworben ist,
was jene Gottesmänner des Alten Bundes nur ahnen
konnten. Hat ihner schon der Ausblick auf die zukünftige
Herrlichkeit so viel Glaubenskraft verliehen, welch
starke Glaubenshelden könnten wir dann sein? Und
doch, wieviel Kleinglauben und Unglauben, wieviel
Not und Elend ist noch immer vorhanden! Wie sieht es
bei uns so ganz anders aus, als sich jene Glaubensmänner
die Zeit des Heils, des Glücks und des Friedens vorgestellt
haben! Ach, man ruft laut: Friede, Friede, und ist
doch kein Friede ! Warum? Weil wir die dargebotene
Gnade nicht ergreifen, den General-Pardon, der durch
die ganze Welt ausgerufen wird, nicht annehmen wollen.
Ohne das Erlösungswerk wäre die ganze Menschheit
dem ewigen Verderben anheimgefallen; aber weil sich
der Herr aller Herren, der König aller Könige unser erbarmte,
hat Er die ewige Erlösung erfunden, und alle
Schuld ist nun getilgt. Wir haben einen Fürsprecher und
Mittler beim Vater. Wer in Ihm bleibt, der darf sich felsenfest
darauf verlassen: seine Schuld ist gebüßt, und er
wird im Sohne gerecht und heilig erfunden.
Vers 4: ,,Ich habe einen Bund gemacht mit meinem Auserwählten, ich habe David, meinem Knechte, geschworen:
Ich will dir ewiglich Samen verschaffen und
deinen Stuhl bauen für und fiir."
Ja, der Herr hat geschworen,
daß alle gerettet werden sollen, die an Jesum
Christum glauben. Er wolle Ihm viel Samen erwecken,
d.h. es sollen ihm viele Seelen zugeführt werden, zum
Lohn Seiner Schmerzen, Seiner blutigen Arbeit. Wer
sind nun die Geretteten? A11e, die das Wort von der Versöhnung
hören, es im Glauben erfassen, all ihr Eigenes
drangeben und sich rückhaltslos dem Heiland überlassen,
so daß Er alles in und an uns tun kann. Wir dürfen
aber nicht nur historisch glauben, daß Jesus Christus unsere
Sünden am Stamm des Kreuzes gebüßt und uns versöhnt
hat, sondern wir müssen es auch an unseren eigenen
Herzen erfahren, daß ein Neues mit uns geworden
ist, und Ihn dafür preisen - an unserem Leibe und an
unserem Geiste. Wer sich recht klar vor Augen malt, was
er selber ist und was aus ihm ohne Christum geworden
wäre; wer sich so recht in den Abgrund der Liebe und
des Erbarmens, aber auch in die große Majestät unseres
hochgelobten Heilandes hineinversenkt, der kann ja
nicht anders als loben und danken, rühmen und preisen!
Wer es unter uns seither versäumt hat, der fange heute
noch damit an! Allen, auch den Allergottlosesten, gilt das
Versöhnungswerk, wenn sie umkehren von ihren gottlosen
Wegen, das Wort annehmen und danken!
In einem Dorf in England lebte einmal ein Schmied
ein sehr schlechter, ruchloser Mensch, der sich bei Strei-
tigkeiten und dergleichen zum Dreinschlagen und allem
möglichen Schlechten dingen ließ. Als er eines Abends
vor seiner Schmiede ausruhte, hörte er in der Ferne einen
Reiter kommen, bemerkte auch zugleich sehr richtig,
daß dem Pferd ein Hufeisen mangelte. Er richtete sich
nun im voraus zu der bevorstehenden Arbeit ein, und als
der Reiter sich der Schmiede näherte, stieg der auch alsbald
ab und tat dem Meister sein Begehr kund. Während
der Arbeit entspann sich ein Gespräch zwischen ihnen,
und der Schmied fragte unter anderem den Fremden,
was er treibe und wohin er gehe. Der Fremde sagte, er sei
ein Bote des Königs und sei ausgezogen, dessen General-
Pardon der ganzen Welt zu verkündigen. Der Schmied
war erstaunt über die Antwort des Fremden, ließ sich
von ihm noch weiter erklären, daß er ein Bote des
himmlischen Königs, des Königs aller Könige, sei und
ausziehe, das Evangelium, das Wort vom Kreuz, zu verkündigen.
Der Schmied konnte die Worte des Fremden nicht
mehr loswerden, namentlich dessen General-Pardon.
Er kam dadurch zur Erkenntnis seines ungöttlichen
Wesens und Treibens und seiner Sünden, die wie eine
schwere Last auf ihm lagen. Da erinnerte er sich in seiner
großen Not an den General-Pardon, von dem der
Fremde gesprochen hatte und der allen Menschen gelte.
Er ergriff das Wort in freudigem Glauben und wurde ge-
rettet, ja, wurde selbst noch ein sehr brauchbares Werk-
zeug im Dienste des Herrn. So gilt auch heute: 'Wenn ihr
Seine Stimme höret, so verstocket eure Herzen nicht.
In Vers 6 heißt es: ,,Und die Himmel werden, Herr,
Deine Wunder preisen und Deine Wahrheit in der Gemeinde
der Heiligen." Das größte Wunder, meine Lie-
ben, ist ein zerschlagenes und gedemütigtes Menschenherz.
Solange wir noch in Stolz und Hochmut, in eigener
Kraft und Gerechtigkeit einhergehen, können wir frei-
Iich die göttliche Gnade nicht ergreifen, und der Heiland
kann uns keine Seiner vielen Gerechtigkeiten, die Er uns
erworben hat, schenken. Warum? Weil wir's nicht annehmen
wollen, weil wir satt sind und nicht verlangen
und dürsten nach einem Erlöser und Retter und nach
unvergänglichen Gütern. O meine Lieben, laßt uns doch
den Herrn unablässig um gänzlichen Zerbruch bitten.
Wer im tiefsten Gefühl seines Nichts einhergeht und viel
um die Gnade und Kraft des Namens Jesu, diese ausgeschüttete
Salbe, bittet, den wird der Herr mit Seinen
reichsten Segensströmen übergießen, und er wird mächtig
sein in der Kraft Gottes.
In Seiner Kraft können wir über die Mauern springen
und Taten tun. Wer bei dem Herrn bleibt, der ist stark
und reich, denn Seine Gnade wirkt mächtig und verläßt
keinen, der sich auf Ihn verläßt; denn ,,es sollen wohl
Berge weichen und Hügel hinfallen; aber Meine Gnade
soll nicht von dir weichen, spricht der Herr, dein Erbarmer!"
(Jesaja 54,10) - Ach, wie gut könnten wir's doch
haben, wenn wir nur glauben und zugreifen, wenn wir
den Herrn in uns wirken lassen wollten! ,,Alles ist euer",
läßt uns der Herr durch Seinen Apostel in 1. Korinther
3,22 sagen, und ,,Was ihr bitten werdet in Meinem
Namen, so ihr glaubet, so werdet ihr es empfangen"
(Markus 11,24).
Ich kann euch versichern, daß es mich immer ganz
schmerzlich berührt, wenn sich jemand über die Heilungen,
die durch das Gebet geschehen, verwundert. Wir
brauchen ja nur einfach und kindlich zu glauben und aufs
Wort zu blicken, dort steht es ganz deutlich geschrieben.
Sollte der Herr lügen? Die Blutskraft Jesu heilt innere
und äußere Schäden. Welch herrliche Erfahrungen habe
ich schon zum Preise des Herrn bei den vielen Kranken,
die in meinem Hause aus- und eingegangen sind, machen
dürfen. Zwei Blindgeborene wurden in kurzer Zeit
sehend, Lahme gehend, Taube hörend. Der Heiland hat
dies ja dem Täufer Johannes im Gefängnis sagen lassen,
und wir haben Sein Wort, und in Seiner Kraft können
wir das alles auch tun. Wir brauchen uns dieselbe nur
schenken zu lassen, dabei im Gehorsam bleiben, Ihm in
allem die Ehre geben und selber gänzlich zerbrochen
sein. Um unseres Gebetes willen erhört uns der Herr
nicht, auch wird um meines Gebetes willen kein einziger
Kranker gesund, sondern nur um Seiner Verheißungen
und um Seiner großen Liebe und Barmherzigkeit willen.
Es kommt nicht darauf an, daß unsere Gebete besonders
lang und inbrünstig sind; dies greift oft nur die Nerven
an. Nein, ein Blick, ein Seufzer genügt oft, und am allerwirksamsten
ist es, ganz stille vor dem Herrn zu stehen,
sich ganz in Sein Anschauen zu versenken und sich Seinem
Lichts- und Segenseinfluß auszusetzen, aber still,
willenlos und gehorsam. Es fällt uns schwer, so recht
stille vor dem Herrn zu sein, denn der eigene Wille muß
zerbrochen, die Unruhe des Herzens völlig befriedet
sein, wenn wir Lichtskräfte anziehen und Segen erlangen
wollen.
Schon vor 20 Jahren ist mir darüber ein Licht aufge-
gangen, noch ehe ich ahnte, daß der Herr mich zu seinem
Werkzeug erlesen hatte. Da war ich einmal in M. bei
Pfarrer B. und traf dort einen Herrn aus Schweden, dem
beide Füße erfroren, bis an den Leib ganz schwarz und
dadurch lahm geworden waren. Nach drei Monaten war
er durch die Kraft des Blutes Jesu so weit hergestellt, daß
er am Arm seines Dieners bereits umhergehen konnte.
Das erschütterte mich, und ich dachte: Ach, warum gibt
es so wenige, die das Geheimnis verstehen, all die reichen
Gnadengüter, die uns der Herr in Seinem Worte ge-
schenkt hat, zu Nutz und Frommen anderer anzuwenden!
Warum leben wir so in den Tag hinein und machen
keinen Gebrauch von dem, was uns der Herr in übergroßer
Liebe und Barmherzigkeit erworben hat. Ach, meine
Lieben, wir wollen doch unser Herz erforschen und uns
durch den Geist Gottes aufdecken lassen, was einem jeden
von uns fehlt, und ganz besonders den Herrn unablässig
bitten, daß Er uns ganz zerbrechen wolle. Der Herr
muß alles tun, wir können gar nichts. Er muß das Wollen
und Vollbringen geben nach Seinem Wohlgefallen.
Aber Er, der mächtige Gott, der Herr Zebaoth, wird alles
wohl ausrichten, werln wir Ihn nur an unserem Herzen
wirken lassen und Ihm weder die Zeit noch die Art
und Weise, wie Er zu handeln habe, vorschreiben.
In Vers 10 heißt es: ,,Du herrschest über das ungestüme
Meer, Du stillest seine Wellen, wenn sie sich erheben;
Du schlägst Rahab zu Tode, Du zerstreust Deine
Feinde mit Deinem starken Arm." Welch
großer Trost ist doch das für uns!
Wir brauchen nicht allein den
Kampf mit unseren inneren Feinden aufzunehmen, denn
darin würden wir stets unterliegen. Nein, der Herr wird
alles versehen! Der Herr tut alles. Er schlägt auch Rahab,
die Unreinigkeit, zu Tode, und zerstreut alle Feinde. Er
will a1les an uns tun, uns helfen und erretten, wenn wir
nur unseren Willen dazu hergeben und stillehalten.
Darum, meine Lieben, wollen wir doch ernstlich bedenken,
wäs zu unserem Frieden dient, und den Herrn
ohne Unterlaß bitten, alles Unreine und Ungöttliche in
unseren Herzen zu töten. Er lege in uns einen unwiderstehlichen Trieb zur Heiligung in Seiner Kraft. Ihm wollen wir leben, leiden und sterben. .Ja, gelobt sei der Herr, und gelobt sei Sein heiliger Name immer und ewiglich. Amen.
HvS
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